ARB-IT2 – Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie – Interessenhandeln der Beschäftigten

Projektbeschreibung

Idee
Wenn über die Zukunft von Arbeit und Arbeitsbeziehungen diskutiert wird, ist die IT-Industrie oft Beispiel für eine richtungsweisende Branche. Sie gilt als führend bei der Realisierung neuer Unternehmenskonzepte und neuer Formen der Arbeitsorganisation. Als neuartig gilt auch die Ausprägung der Arbeitsbeziehungen, die wesentlich durch individuelles Interessenhandeln bestimmt sind.

Das Projekt ARB-IT2 untersucht die Entwicklung von Arbeit und Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie. Es fragt nach Entwicklungstendenzen, die generelle gesellschaftliche Bedeutung haben, und nach deren Folgen für die Zukunft des deutschen Mitbestimmungssystems.

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Mitarbeiter. Ihre individuellen Erfahrungen und Kompetenzen, Orientierungen und Interessen prägen Unternehmenskultur und Wettbewerbsfähigkeit der IT-Industrie ebenso wie die besondere Art der Arbeitsbeziehungen.

Hintergrundüberlegungen
Unsere früheren Analysen (Boes/Baukrowitz 2002) haben die hervorgehobene Bedeutung des individuellen Interessenhandelns der Beschäftigten für die Charakteristik und Entwicklung der Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie sichtbar gemacht. Drei Ursachen wurden dafür identifiziert. Erstens die veränderten Orientierungen der zunehmend höher qualifizierten Beschäftigten. Zweitens die hohe Bedeutung von Unternehmen ohne gewachsene Bindung an das System industrieller Beziehungen. Und drittens die grundlegenden Veränderungen der Arbeitsbeziehungen in den traditionell mitbestimmten Unternehmen. Daher wird in diesem Projekt der Schwerpunkt auf das Interessenhandeln der Beschäftigten als Moment der Arbeitsbeziehungen gelegt.

Ziel
Im Projekt geht es uns darum, Arbeit und Arbeitsbeziehungen „von unten nach oben“, also ausgehend von den Erwartungen und Interessen der Beschäftigten zu analysieren: Wie erleben die Beschäftigten ihre Arbeitsbedingungen? Welche Chancen sehen sie, ihre Erwartungen und Interessen zu realisieren? Brauchen IT-Fachkräfte überhaupt noch die „Rückendeckung“ von Betriebsräten und Gewerkschaften, um sich Gehör zu verschaffen? Und wenn ja, was erwarten sie von Betriebsräten und Gewerkschaften? Wie sollte Mitbestimmung in Form und Inhalt ausgestaltet sein?

Die besondere Forschungsperspektive dieses Projekts lässt Ergebnisse erwarten, die für Unternehmen und Beschäftigte, Gewerkschaften und Verbände, Wissenschaft und Politik gleichermaßen wertvoll sind.

Forschungsfragen
Wichtige Fragen dieser Untersuchung sind:

  • Welche Interessen bestimmen das Interessenhandeln der Beschäftigten in der IT-Industrie?
  • Welche Differenzen gibt es zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen und Unternehmenstypen?
  • Welchen Einfluß haben die institutionellen Strukturen kollektiver Interessenvertretung auf das individuelle Interessenhandeln einzelner Beschäftigtengruppen?
  • Welche Veränderungsdynamik löst der Bedeutungsgewinn des individuellen Interessenhandelns für die Formen und Inhalte der Mitbestimmung aus?

Dies berührt zentrale Fragen nach der Zukunft der verfaßten Mitbestimmung:

  • Unterminiert die Bedeutungszunahme des individuellen Interessenhandelns das Prinzip der kollektiven Interessenvertretung?
  • Welche Anforderungen entstehen daraus für gewerkschaftliche Politik und die betriebliche Interessenvertretung?

Ferner stellt sich die Frage nach der Verallgemeinerungsfähigkeit der Ergebnisse:

  • Finden wir in der IT-Industrie eine „Sondersituation“ vor oder lassen sich die Befunde auch in „traditionellen“ Industrien finden?

Methode
Die Analyse erfordert ein methodisches Vorgehen, das sowohl auf der Ebene des Individuums als auch auf der Ebene des Unternehmens ansetzt. Im Mittelpunkt stehen Interviews und Gruppendiskussionen mit Beschäftigten. Sie sind eingebettet in Unternehmensfallstudien (Expertengespräche mit Vertretern der Geschäftsleitung und der betrieblichen Interessenvertretung). Um die Generalisierbarkeit unserer Ergebnisse prüfen zu können, vergleichen wir sie mit der Situation in Entwicklungsabteilungen der Automobilindustrie.

ProjektbearbeiterInnen

Projektlaufzeit

06/2002 bis 11/2003

Projektförderung

gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung