Themen unserer Forschung

Arbeit und Subjekt

Arbeit als praktisches Handeln ist seit jeher gebunden an Subjekte – an die arbeitenden Menschen mit ihren subjektiven Fähigkeiten, Erfahrungen, Motiven, Wünschen und Interessen. Die Konzepte des subjektivierenden Arbeitshandelns, des Arbeitsvermögens, der interaktiven Arbeit und der kooperativen Arbeit erfassen gerade diese Dimension der Arbeit, die nicht in formellen Qualifikationen und Anforderungen aufgeht. Und das Maß an subjektiven Fähigkeiten, das den Beschäftigten in den konkreten Arbeitsprozessen abgefordert wird, wächst derzeit deutlich („Subjektivierung von Arbeit“). Das bedeutet neue Belastungen und Gefahren und zugleich neue Chancen für die arbeitenden Subjekte.

Arbeitsforschung und Corona

Die Corona-Krise hat enorme Auswirkungen auf unseren Forschungsgegenstand Arbeit. Diese nicht vorherzusehende Krise kann noch nicht solide wissenschaftlich eingeordnet werden. Aber viele unserer Forschungsarbeiten und -ergebnisse bekommen nunmehr unerwartete Aktualität:

  • Homeoffice und Telearbeit
  • Informalität und Lernen im Prozess der Arbeit
  • Arbeiten und Entscheiden unter Unsicherheit
  • Möglichkeiten und Grenzen medial vermittelter Kommunikation und Interaktion
  • Körperlichkeit und Ko-Präsenz in der Arbeit
  • Formen, Pfade, Folgen und Grenzen der Digitalisierung.
Arbeit und Gesellschaft

Moderne Gesellschaften sind Arbeitsgesellschaften. Und weil das so ist, ergibt der Blick auf die Struktur und Entwicklung von Arbeit Einsichten für die gesellschaftliche Entwicklung insgesamt: so für Fragen der sozialen Ungleichheit, der Chancen gesellschaftlicher Teilhabe, der Strukturen des gesellschaftlichen Lebens, des Verhältnisses von Politik und Wirtschaft. Andererseits spielen die „lebensweltlichen“ Fähigkeiten, Ressourcen und Ansprüche eine zunehmende Rolle in der Sphäre der Erwerbsarbeit. Die traditionellen Grenzen zwischen Arbeit und Leben verschwimmen – und werden neu gezogen. So wird das Verhältnis von Arbeit und Leben selbst zum Forschungsobjekt.

Arbeit und Informatisierung

Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien haben in rasantem Tempo die Arbeitswelt durchdrungen. Sie bilden die Voraussetzung für neue Formen des Wirtschaftens: für die grenzenlose Zusammenarbeit internationaler Teams in den Datennetzen; für die globale Neuzusammensetzung von Wertschöpfungsketten; für neue Steuerungsformen von Produktion, Arbeit und Leistung; für neue Wege der Rationalisierung. Die Welt der Daten ist zunehmend global integriert und vernetzt – sie bringt die Welt der stofflichen Produktion, der räumlichen Bindung und der sozialen Verhältnisse aber keineswegs zum Verschwinden. Das spannungsreiche Verhältnis dieser beiden Welten wirkt sich bis in die Arbeit der einzelnen Beschäftigten aus – am Computer, in der Verwaltung, im Vertrieb und am Montageband.

Arbeit und Globalisierung

Internationalisierung ist nichts Neues in der Arbeitswelt – aber sie hat eine neue Qualität gewonnen. Die Globalisierung wirkt sich heute auf allen Ebenen von Unternehmen und Arbeit aus: in der Steuerung der Betriebe und Wertschöpfungsketten, in den Unternehmenskulturen, im Inhalt der Arbeit an allen Arbeitsplätzen, in den geforderten Qualifikationen und den zu bewältigenden Belastungen, in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Globalisierungsfähigkeit ist „vom Plus zum Muss“ geworden – und zugleich eine sehr voraussetzungsvolle Aufgabe. Engagement, Motivation und Qualifikation der Beschäftigten gehören zu den wichtigsten Ressourcen, um diese Herausforderung zu meistern.

Arbeitsmarkt und Bildung

Am Arbeitsmarkt entscheidet sich, ob Personen Zugang zur Erwerbsarbeit erhalten oder ob sie, als Arbeitslose, davon ausgeschlossen bleiben. Einer der wichtigsten Faktoren dafür ist der Beruf – und die berufliche Bildung. In Zeiten des „lebenslangen Lernens“ bleibt der Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen freilich nicht auf die Phase der Ausbildung begrenzt, und es geht auch nicht nur um zertifizierbare Fähigkeiten. Der Wandel der Arbeit erzeugt neue Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung und schafft neue Chancen und Risiken auf den Arbeitsmärkten innerhalb wie außerhalb der Unternehmen. Andererseits wird das Reservoir an Arbeitskräften, aus dem die Betriebe schöpfen können, durch veränderte oder neue Bildungsgänge, den demografischen Wandel, institutionelle und politische Regelungen bestimmt.

Arbeit und Betrieb

Seit Gründung des ISF München liegt ein Schwerpunkt unserer Forschung im Betrieb – als dem sozialen Ort, wo Arbeit „in Betrieb genommen“ wird. Hier werden ökonomische Strategien umgesetzt und realisiert, hier werden Personen eingestellt und entlassen, Aufstiege und Qualifizierungen angeboten oder verwehrt, Einkommens- und Zeitressourcen verteilt, Konflikte ausgetragen. Hier verbringen die Erwerbstätigen einen Großteil ihrer Zeit, hier gestalten sie Biografien und knüpfen fürs ganze Leben wichtige Beziehungen. Im Betrieb treten ökonomische und soziale Interessen in Beziehung zueinander.

Arbeit und Interesse

Die Tarifparteien, der Betriebsrat, das Arbeitsrecht – das sind die klassischen Institutionen der „Industriellen Beziehungen“, der Interessenartikulation und Konfliktaustragung in der Arbeit. Doch die Arbeitsbeziehungen lassen sich nicht auf diese institutionelle Ebene beschränken: Die subjektive Aneignung von Interessen und das individuelle Interessenhandeln der Beschäftigten sind untrennbare Momente der sozialen betrieblichen Praxis. Und auf beiden Ebenen verändern sich die Konstellationen derzeit grundlegend: Es ist von einer Verbetrieblichung und Individualisierung von Interessenauseinandersetzung die Rede, neue Beschäftigtengruppen und Akteure gewinnen an Bedeutung, die Verhandlungsfelder und ihr relatives Gewicht sind im Wandel begriffen.

Arbeit und Innovation

Innovation ist ein Schlüsselbegriff moderner Arbeitsgesellschaften; Innovationsfähigkeit gilt heute als der entscheidende Faktor für Wachstum, wirtschaftlichen Erfolg und Beschäftigung. Auch Innovation ist vor allem Arbeit. Sie lässt sich nicht auf das Entwerfen neuer Produkte und technischer Verfahren beschränken – auch die Gestaltung und Organisation der Arbeit wird zum Gegenstand von Innovationsprozessen. Für alle Wirtschaftszweige ist Innovation zur Lebensfrage geworden: ob High-tech oder Low-tech, IT-Wirtschaft oder Handwerk. Und sie ist längst nicht mehr Domäne der F&E-Abteilungen – Zukunftsfähigkeit bedeutet heute, die Beschäftigten an allen Punkten der Wertschöpfungskette einzubinden.