ERA-Thüringen – Sozialwissenschaftliche Begleitforschung zur ERA-Einführung in der Metall- und Elektroindustrie Thüringens

Projektbeschreibung

Tarifpolitischer Hintergrund

In der Metall- und Elektroindustrie Deutschlands werden gegenwärtig bundesweit die in den letzten Jahren abgeschlossenen Tarifverträge zum Entgeltrahmenabkommen (ERA) umgesetzt. Einer der wichtigsten Industriesektoren der Bundesrepublik verabschiedet sich damit in einer Jahrhundertreform von der bisherigen Trennung zwischen Arbeitern und Angestellten zugunsten einer Zusammenführung in einheitliche Entgeltgruppen. Das bedeutet für die Tarifparteien und die Betriebe einen umfassenden Bruch mit den bisherigen Lohn- und Gehaltsstrukturen und entsprechende hohe Anforderungen an die ERA-Umsetzung – müssen doch die überlieferten Arbeitsbewertungen, Entgeltstrukturen und damit auch die innerbetrieblichen Entgeltrelationen von Arbeitern und Angestellten neu austariert, verhandelt und aktualisiert werden.

Im Tarifgebiet Thüringen liegt dazu eine Sonderregelung vor, nämlich das Instrument der "Tariflichen Entsprechung". Dabei handelt es sich um einen Passus im ERA-Tarifvertrag, der den betrieblichen Arbeitgebern die Wahl zwischen zwei Alternativen lässt: einer Neubewertung aller Arbeitsplätze/Arbeitskräfte des Betriebs und der Anwendung einer Analogietabelle mit Nennung der alten Lohn- bzw. Gehaltsgruppe und der neuen Entgeltgruppe (als pauschales Äquivalent).

Projektdesign und Methoden

Im Rahmen der Begleitforschung hat das ISF München die Verfahren und Folgen der ERA-Einführung in Thüringen analysiert. Die empirischen Erhebungen fanden in drei exemplarischen Unternehmen statt, die in Absprache mit den für die Firmen zuständigen Repräsentanten von Gewerkschaft und Arbeitgeberverband aus den zwanzig größten Arbeitgebern des Tarifgebiets ausgewählt wurden. Methodisch wurden in zwei Empiriewellen (Sommer 2006 und 2007) leitfadengestützte qualitative Experteninterviews mit den Betriebsräten, den Personalleitungen und betroffenen Arbeitskräften geführt. Die Hauptfragestellungen:

  • die Entscheidungsgrundlage der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite für oder gegen die "Tarifliche Entsprechung", die maßgeblichen Akteure der Entscheidung und deren Argumentation,
  • die Prozesse und Verfahren der ERA-Einführung, die Folgen für die betriebliche betriebliche Entgeltpraxis, die Position der betrieblichen Verhandlungspartner sowie die Konsequenzen für die Situation der Arbeitnehmer, wie z.B. die Betroffenheit unterschiedlicher Beschäftigtengruppen,
  • die Akzeptanz von ERA in den Belegschaften einschließlich der Wirkung auf die Bindung an die Gewerkschaft.

Mit diesem Forschungsdesign war weniger eine quantitative Erhebung im Sinne statistischer Repräsentativität angestrebt als vielmehr eine in die Tiefe gehende qualitative Analyse der typischen Problembedingungen, der spezifischen Wechselwirkungen zwischen betrieblichen Verhandlungsfeldern und der maßgeblichen Folgen von ERA im Betrieb. In diesem Sinne wurden die Pilotbetriebe des Tarifgebiets untersucht, die als Vorreiter mit Vorbildcharakter gewerkschafts- und tarifpolitisch zur Schulung und für eine breitere Umsetzungsstrategie generalisiert werden können.

Die Forschung fand in Abstimmung mit folgenden Institutionen statt:

  • Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH (IWT), Erfurt
  • Verband der Metall- und Elektroindustrie in Thüringen e.V. (VMET), Erfurt
  • IG Metall, Bezirksleitung Frankfurt.

ProjektbearbeiterInnen

Projektlaufzeit

04/2005 bis 05/2008

Projektförderung

Das Projekt wird von der Otto-Brenner-Stiftung gefördert.