IPRO – Internationalisierung der Produktion – Globale Netzwerke zur Sicherung des Industriestandorts Deutschland

Projektbeschreibung

Trend

Zunehmende Internationalisierung von Produktion und Dienstleistungen in globalen Netzwerken

Neue Anforderungen an

  • den Zuschnitt von Unternehmensgrenzen und Managementfunktionen
  • Betriebsorganisation, Personalpolitik, Kooperation in Netzwerken
  • Kommunikation mit ausländischen Partnern

Risiken und Chancen für

  • das Produktions-Know-how und die industrielle Innovationsfähigkeit
  • das Arbeitsplatzangebot und die soziale Sicherheit

Forschungsfragen

– Vor- und Nachteile unterschiedlicher Internationalisierungsstrategien

– Folgen für Strukturen und Prozesse inländischer Betriebe

– Rückwirkungen auf den Standort Deutschland: Industriestruktur, Arbeitsmarkt, industrielle Beziehungen, Ausbildungssystem

Internationalisierung – Notwendigkeit und Chance

Industrieunternehmen in Deutschland sind gegenwärtig durch eine Reihe veränderter Außenbedingungen gezwungen, ihre Wertschöpfung verstärkt zu internationalisieren, um Absatz und Rentabilität zu sichern. Die in der Vergangenheit primär eingeschlagenen – und lange Zeit sehr erfolgreichen – Exportstrategien reichen dazu allein nicht mehr aus. Internationalisierung bedeutet demgegenüber das Verfolgen transnationaler, prinzipiell globaler Strategien in Herstellung und Vertrieb. Dafür stehen verschiedene Wege offen:

– Reduzierung der Fertigungstiefe und erhöhter Import von (Vor-)Produkten, Komponenten oder auch Dienstleistungen im Rahmen eines global ausgerichteten Supply-Managements;

– Forcierte Verlagerung von Teilen des Wertschöpfungsprozesses in (unternehmenseigene oder -verbundene) ausländische Betriebe oder Zweigwerke;

– Beteiligung an ausländischen Unternehmen in Form von Joint Ventures u.ä.;

– Übernahme oder Neuaufbau von Produktionsstätten im Ausland.

Wichtige Kernbranchen der Industrie – vor allem auch viele mittelständische Unternehmen – stehen zunehmend vor der Notwendigkeit, ihre Produktion in global ausgelegten unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Netzwerken neu zu organisieren. Je nach Branche, Produkt, Produktionsprozeß und Unternehmenstyp wird über unterschiedliche Strategievarianten und Organisationsformen des Wertschöpfungsprozesses versucht, die Wettbewerbsposition zu stabilisieren oder zu verbessern.

Impulse zur Internationalisierung der Produktion haben verschiedene Ursachen:

– Zum einen drängt die verschärfte Konkurrenz- und Kostensituation auf dem Weltmarkt die Unternehmen dazu, gewichtige Teile ihrer Produktion, zumindest aber spezifische Teilprozesse der Entwicklung oder Fertigung, ins kostengünstigere Ausland zu verlagern und neuartige Formen internationaler Kooperation einzugehen.

– Zum anderen erfordern Sicherung und Ausweitung des Absatzes – vor allem angesichts vielfach stagnierender Inlandsnachfrage – eine deutlich verstärkte Präsenz auf Absatzmärkten anderer Regionen, die noch hohe Zuwachsraten aufweisen. Vielfach können solche Wachstumsmärkte – etwa in Amerika oder Asien – nur durch Kundennähe der Produktion (und möglicherweise auch der Entwicklung und Konstruktion) erschlossen werden; ähnliches trifft auf Osteuropa zu, wenn Unternehmen beabsichtigen, das mittelfristig dort zu erwartende Marktpotential zu erschließen.

Diese Zusammenhänge gelten insbesondere für jene Großunternehmen des Fahrzeugbaus, der chemischen oder elektrotechnischen Industrie, die seit Jahrzehnten international agieren. Besonders spektakulär sind in letzter Zeit verstärkte Internationalisierungsanstrengungen der Automobilindustrie über die Gründung von Joint Ventures oder Transplants der großen Markenhersteller.

Die Umsetzung dieser Strategien der Großunternehmen sowie die Verschärfung der Konkurrenz und des Kostendrucks auf den eigenen traditionellen Märkten konfrontieren zunehmend aber auch mittlere und kleinere Unternehmen mit der Notwendigkeit, ihre Produktionsstrategien zu verändern. Dies gilt vor allem für viele Zulieferbetriebe, die sich mit neuen, weltweit ausgerichteten Einkaufs- und Beschaffungsusancen der großen Endproduzenten auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus ist eine große Zahl mittelständischer Unternehmen – etwa des Maschinenbaus – betroffen, deren bisher mehrheitlich „eurozentrische“ Exportorientierung nicht mehr ausreicht, ihren Absatz zu sichern. Auch Unternehmen dieser Kernbranche der deutschen Industrie müssen verstärkt durch Fertigungsstätten auf neuen Auslandsmärkten präsent sein und/oder sich in tendenziell weltweite Produktionsnetzwerke einklinken.

Das Projektvorhaben

(1) Inhalt und Ziel des praxisorientierten Grundlagenprojekts ist es, auf der Basis qualitativer und quantitativer Erhebungen in Unternehmen wichtiger Industriebranchen einen systematisierenden Überblick über neue Problemlagen und Strategien angesichts veränderter weltwirtschaftlicher Bedingungen zu geben. Das Projekt greift wichtige Hinweise und Fragen auf, die insbesondere der Expertenkreis Zukunftsstrategien (PEM 1) in den Vorbereitungsarbeiten zum Rahmenprogramm Produktion 2000 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) herausgearbeitet hat.

(2) Ergebnis des Projekts sind systematische, quantitativ gestützte Informationen über spezifische Problemlagen, über verschiedene Typen von Internationalisierungsstrategien sowie über Muster globaler Produktionsorganisation und Kooperation in Unternehmen verschiedener Branchen mit unterschiedlichen Produktionsstrukturen.

Im einzelnen geht es dabei z.B. um:

– Relevante Bedingungen und Einflußfaktoren für unterschiedliche nationale und internationale Kooperationsstrukturen;

– Alternativen der Organisation und internationalen Zusammenarbeit;

– Innerbetriebliche Voraussetzungen und Konsequenzen der Integration in transnationale Netzwerke oder Produktionsverbünde;

– Probleme und Hindernisse verstärkter Einbindung in Netzwerkstrukturen;

– Rückwirkungen auf inländische Produktionsstätten und auf die Industriestruktur in Deutschland.

Mit diesen Analysen wird eine genauere Strukturierung des weiten Feldes inner- und zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit sowie eine Typisierung von Produktionsstrategien unterschiedlicher Ausprägung vorgenommen.

(3) Zielgruppe sind insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen aus verschiedenen Kernbranchen der deutschen Industrie, die unter Veränderungsdruck aufgrund des verschärften internationalen Wettbewerbs stehen. Dabei geht es sowohl um Unternehmen, die bereits in internationale Netzwerke einbezogen sind, als auch um solche, deren Marktposition durch neue Strategien ihrer Kunden oder Lieferanten tangiert wird.

Methoden und Durchführung

(1) Im Zentrum des Vorhabens steht eine weitgehend standardisierte Erhebung bei Betrieben verschiedener struktureller Merkmale, die – ohne statistische Repräsentativität anzustreben – quantifizierende Aussagen und die Bildung von Typen erlaubt. Die Erhebungen konzentrieren sich auf den Maschinenbau, die Elektrotechnik inkl. der Informations- und Kommunikationstechnik, die Automobilzulieferindustrie sowie die Prozeßindustrie.

(2) Das Projekt stellt eine Verbindung zwischen sozialwissenschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Forschungsansätzen hier und kombiniert verschiedener Erhebungs- und Analyseschritte mit praxisbezogenen Diskussionsrunden vor. In Ergänzung zu industriesoziologischen Analyseperspektiven geht es aus betriebswirtschaftlicher Sicht – vor allem im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Industrie – in erster Linie um die organisatorische Gestaltung der Internationalisierung von KMU durch unternehmensinterne und unternehmensübergreifende Kooperationen sowie um deren ökonomische Bewertung. In einer ingenieurwissenschaftlichen Expertise werden spezifische technische und infrastrukturelle Probleme bei der Internationalisierung der Produktion aufgearbeitet.

Projektpartner waren:

– Das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. – ISF München (federführend);

– Der Lehrstuhl für Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre (AIB) der Technischen Universität München;

– Das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Automatisierung (FhG-IPA), Stuttgart.

(3) Das Vorhaben wurde durch einen Projektbeirat unterstützt, dem Praktiker aus den angesprochenen Bereichen der mittelständischen Industrie, aber auch aus größeren Unternehmen mit langjähriger Erfahrung in der Internationalisierung angehörten. Darüber hinaus brachten Fachleute aus Industrie- und Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, öffentlichen Institutionen und Umsetzungsträgern ihre Erfahrungen in die Diskussion ein. Der Projektbeirat begleitete die Erhebungs- und Analysearbeiten, beriet bei der Auswahl der zu bearbeitenden Themenfelder und Unternehmensfälle und diskutierte Teil- und Zwischenergebnisse bereits während der Laufzeit des Projekts.

(4) Zur zeitnahen Umsetzung der Projektergebnisse waren Umsetzungsträger – die VDI Gesellschaft Produktionstechnik (VDI-ADB); das Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft e.V. (RKW), das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) – in die Projektkooperation eingebunden, die die Internationalisierungsthematik im Rahmen ihrer Schulungs- und Weiterbildungsveranstaltungen behandelten. Aus den Erhebungsergebnissen und Analysen konnten Orientierungshilfen abgeleitet werden – sowohl zur Strukturierung forschungs- und bildungspolitischer Aktivitäten als auch für Unternehmen auf der Suche nach der jeweils adäquaten Produktionsstrategie.

(5) Nach Abschluß der laufenden Untersuchungen sollen Verbundvorhaben mit geeigneten Industriepartnern gestartet werden, in denen eine differenzierte praxisbezogene Bearbeitung solcher Problemfelder und Fragestellungen erfolgt, die sich im laufenden Vorhaben als besonders dringlich und relevant herausgestellt haben.

ProjektbearbeiterInnen

Projektlaufzeit

08/1995 bis 11/1996

Projektförderung

Vorhaben im Rahmenkonzept