Neue Arbeitsplätze – aber wie? Ansatzpunkte beschäftigungs- und umweltorientierter Kleinbetriebsförderung – Ein Thema auch für die Arbeitnehmervertretungen

Projektbeschreibung

Hauptziel des Projekts ist es, an eingegrenzten, aber sehr konkreten und in verschiedener Hinsicht als beispielhaft anzusehenden Fällen (insbesondere im Bereich des Handwerks) aufzuzeigen, wie zusätzliche und zugleich „umweltfreundliche“ Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dabei geht es vor allem darum, Ansatzpunkte herauszuarbeiten und in die Diskussion einzubringen, wie sich die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen in diesen Prozeß maßgeblich einschalten können. Daher ist zunächst auch der Frage nachzugehen, wieweit die bisherigen Organisationsstrukturen der Interessenvertretung (Betriebsräte, Arbeitnehmerbeteiligung in den Handwerkskammern) für diesen Zweck geeignet sind und wie die Arbeitnehmer in den Bereichen ohne Interessenvertretung erreicht werden können. Darauf aufbauend sollen dann Überlegungen formuliert werden, welche neuen Aktions- und Organisationsformen für die Arbeitnehmerseite künftig entwickelt werden müssen, um die formulierten Ziele umsetzen zu können. Konkreter Nutzen aus dem Projekt ist daher nicht nur für Arbeitnehmer sowie Interessenvertreter und Unternehmensvertreter in den einbezogenen Branchen zu erwarten, sondern auch für die Fortentwicklung der gewerkschaftlichen Organisation in diesen Bereichen.

Das Projekt setzt wegen der Neuartigkeit des Gegenstandsbereichs und der spezifischen Vorgehensweise auf die Bearbeitung begrenzter Aufgabenfelder und wird sich auch regional konzentrieren müssen. Wenn sich die verwendeten Ansätze in den ausgewählten Bereichen als funktionsfähig erweisen, ist damit aber eine wichtige Voraussetzung geschaffen, sie – unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den jeweiligen Rahmenbedingungen – sowohl geographisch weiter zu verbreiten als sie auch für weitere Unternehmen bzw. Branchen fortzuentwickeln.

Deshalb sind im Rahmen des Projekts selbst bereits erste Umsetzungsaktivitäten vorgesehen. Außerdem wird zum Abschluß ein Arbeitstreffen durchgeführt, bei dem von den Projektergebnissen ausgehend die Frage diskutiert werden soll, unter welchen Voraussetzungen es den Arbeitnehmervertretungen gelingen kann, nicht nur – wie bisher hauptsächlich – zur Sicherung vorhandener Arbeitsplätze beizutragen, sondern auch eine aktive Rolle bei der Schaffung von neuen Beschäftigungsmöglichkeiten zu gewinnen.

Wachstum in den bisher im Vordergrund stehenden Sektoren der Volkswirtschaft führt offensichtlich immer weniger dazu, die erforderlichen Beschäftigungseffekte auszulösen, und auch im Dienstleistungsbereich ist zumindest fraglich, ob nicht der Personalabbau auf den traditionellen Feldern (Stichworte „Gesundheitsreform“ oder Rationalisierungswellen bei Banken und Post) die Zuwächse in neuen Bereichen („Multi-Media“ ist hier in aller Munde) übertreffen wird. Vor diesem Hintergrund ist die Ausgangsannahme des Forschungsprojekts zu sehen, daß der Abbau der gegenwärtigen hohen und absehbar weiter steigenden Arbeitslosigkeit nur zu erreichen sein wird, wenn Wege gefunden werden, neue zusätzliche Beschäftigungsfelder im produktiven bzw. produktionsnahen Bereich zu erschließen. Die zu schaffenden Arbeitsplätze hätten zugleich folgenden Kriterien gerecht zu werden:

  • Sie sollen mit der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen vereinbar sein,
  • an vorhandene und mobilisierbare Qualifikationspotentiale bei Beschäftigten und Arbeitslosen anknüpfen,
  • der Zielsetzung genügen, Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben zu ermöglichen,
  • und von ihrer Struktur her so angelegt sein, daß eine Verlagerung weg vom Standort nicht oder nur bedingt denkbar ist.

Die Erfahrungen der letzen Zeit haben nachdrücklich untermauert, daß den abhängig Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen keine Alternative dazu bleibt, selbst alle zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um Initiativen auf den Weg zu bringen und zu unterstützen, die geeignet erscheinen, neue Beschäftigungsmöglichkeiten am Standort Deutschland zu erschließen, da die Unternehmen offenbar nicht mehr in der Lage sind, diese Aufgabe allein zu lösen.

Angesichts der ständig rückläufigen Zahl der inländischen Arbeitsplätze in Großunternehmen wird derzeit eine Vielzahl von Möglichkeiten diskutiert, eine Umsteuerung von Beschäftigung in arbeitsintensive, umweltverträgliche Bereiche herbeizuführen (z.B. Wertschöpfungsabgabe, Entlastung der Sozialversicherung von wesensfremden Aufgaben, Energiesteuer etc.). Während aber zur Einschätzung der fiskalischen, beschäftigungspolitischen und ökonomischen Auswirkungen Analyse- und Prognoseinstrumente prinzipiell verfügbar sind und entsprechende Szenarien entwickelt wurden, die intensiv und kontrovers diskutiert werden, bleibt der zentrale Aspekt, wie sich dieser Prozeß konkret in seinen Auswirkungen auf Betriebe und Arbeitsplätze vollziehen würde, weitgehend ausgeklammert. Offen ist, welche Tätigkeitsfelder entstehen, welche schrumpfen, welche betriebsinternen und betriebsübergreifenden Umstrukturierungsprozesse erforderlich wären, welche Belastungen auf die Arbeitskräfte zukommen, wie sich Arbeitsbedingungen verändern und welche Qualifikationsanforderungen entstehen würden.

Um aber den zukünftigen Handlungsbedarf und konkrete Aktionsmöglichkeiten für die verschiedenen in Betracht kommenden Akteure (Beschäftigte und ihre Vertretungen, Betriebsinhaber und ihre Organisationen, politische Instanzen von der kommunalen bis zur nationalen oder übernationalen Ebene) in einem solchen Umstrukturierungsprozeß ausloten zu können, ist es unabdingbar, möglichst konkrete, auch die Ebene des Betriebs einschließende Erkenntnisse über offene und latente Barrieren, erreichbare Beschäftigungspotentiale, erwünschte und nicht intendierte Nebeneffekte zu erarbeiten.

Das geplante Vorhaben hat sich daher zum Ziel gesetzt, mittels einer exemplarischen, empirisch gestützten Recherche am Beispiel zweier neuer Tätigkeitsfelder den Ablauf eines solchen beschäftigungsschaffenden Umsteuerungsprozesses durchzuspielen. Ausgewählt wurden auch quantitativ bedeutsame Gegenstände, nämlich: in der Automobilwirtschaft der Komplex „Reparieren statt Wegwerfen“ sowie Recycling und der Einsatz ressourcensparender Haustechnik.

Bei beiden Feldern ist absehbar, daß sie an Bedeutung gewinnen werden – um so rascher und um so mehr, je eher es zu der überfälligen Veränderung der maßgeblichen Rahmenbedingungen (Entlastung des Faktors Arbeitskraft, angemessene Preise für Rohstoffe und Energie) kommt. Betroffen sind damit vor allem zwei Branchen, bei denen bereits jetzt auf erhebliche Erfahrungen mit der Umsetzung solcher Konzepte und entsprechende Qualifikationen zurückgegriffen werden kann, nämlich das Kfz-Gewerbe und das SHK-Handwerk, Gewerke die zugleich beträchtliche Beschäftigtenanteile auf sich vereinen.

Ziel der geplanten exemplarischen Untersuchungen auf den beiden Tätigkeitsfeldern in den genannten Branchen ist es, durch Expertengespräche, kleinere Gesprächsrunden und Betriebsfallstudien vorab detaillierte Informationen darüber zu erarbeiten, wie solche Umstrukturierungsprozesse konkret ablaufen könnten und welche Wirkungen damit zu erreichen wären. Dabei sollte stets mitbedacht werden, in welcher Form sich mögliche Ansatzpunkte für gewerkschaftliche Arbeit ergeben bzw. wie sie geschaffen werden können – mit der Intention, den Prozeß insgesamt aktiv zu unterstützen.

ProjektbearbeiterInnen

Projektlaufzeit

02/1997 bis 07/1998

Projektförderung

gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung