Arbeitsforschung und Corona

Die Corona-Krise hat enorme Auswirkungen auf unseren Forschungsgegenstand Arbeit. Diese nicht vorherzusehende Krise kann noch nicht solide wissenschaftlich eingeordnet werden. Aber viele unserer Forschungsarbeiten und -ergebnisse bekommen nunmehr unerwartete Aktualität:

  • Homeoffice und Telearbeit
  • Informalität und Lernen im Prozess der Arbeit
  • Arbeiten und Entscheiden unter Unsicherheit
  • Möglichkeiten und Grenzen medial vermittelter Kommunikation und Interaktion
  • Körperlichkeit und Ko-Präsenz in der Arbeit
  • Formen, Pfade, Folgen und Grenzen der Digitalisierung
  • Digitalisierung und Gendergerechtigkeit

Wo wir Expertise besitzen, melden wir uns zu den Phänomenen und Konsequenzen der Corona-Krise öffentlich zu Wort. Zudem sind Forschungsprojekte zur Entwicklung der Arbeit mit und unter Corona bereits im Gange oder in Planung.

ÖFFENTLICHE WORTMELDUNGEN
FORSCHUNGSFRAGEN
  • Die Corona-Pandemie ist ein Stresstest für die Arbeitsbeziehungen in den Unternehmen. Bewähren sie sich in der Krise, inwiefern sind die etablierten Mitbestimmungsstrukturen krisenfest und welche Veränderungstendenzen zeichnen sich ab?
  • Die Corona-Pandemie ist ein disruptives Ereignis, aber Krisenbetroffenheit und Bewältigungsmöglichkeiten haben eine arbeitspolitische Vorgeschichte. Welche bisherigen Strategien und Maßnahmen von Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung haben sich in der Krise als hilfreich, welche als problematisch erwiesen und inwiefern zeichnen sich hier arbeitspolitische Veränderungen ab?
  • Die Corona-Krise verläuft in verschiedenen Phasen: Nach der Lockdown-Phase folgt nun eine Phase der Lockerung und der Wiederaufnahme der Geschäfte. Wie soll diese Phase in den Unternehmen aussehen? Welche arbeitspolitischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen werden erwogen und umgesetzt – und welche Handlungsmöglichkeiten haben Betriebsräte hier?
  • Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf Körperlichkeit und Gegenstandsnähe in der Arbeit? Wie kann das Verhältnis von Körperlichkeit und Virtualität neu gestaltet werden?
  • Wodurch zeichnen sich sogenannte systemrelevante Berufe aus und verändert sich deren gesellschaftlicher Stellenwert?
  • Gendergerechtigkeit und Digitalisierung. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf die  Arbeitsbedingungen für Frauen?
FORSCHUNGSPROJEKTE
  • Die Studie „Arbeitnehmerrechte in der Corona-Krise“, ein Beitrag zum Projekt „Solidarität und Demokratie in der Transformation“, basiert auf einer telefonischen Befragung von hauptamtlichen Gewerkschafter*innen und Betriebs- und Personalräten zu den Themen: Betroffenheit von der Krise, Unternehmens- und Beschäftigungssicherung, Gesundheitsschutz und Belastungen, Homeoffice/Mobilarbeit, Solidarität, Handlungsfähigkeit von Betriebs- und Personalräten, Stimmung in der Belegschaft, die Zeit danach.
    Die Ergebnisse dieser Studie erscheinen im Februar 2021 in Buchform: Richard Detje/Dieter Sauer: Ein Virus in der Arbeitswelt. Die Corona-Krise in den Betrieben – empirische Erfahrungen. Inhaltsverzeichnis
    Verantwortlich am ISF München: Dieter Sauer. Kooperation mit WISSENTransfer, Ahrensburg. Projektförderung: Rosa-Luxemburg-Stiftung
  • Das Projekt #WomenDigit – Betriebliche Praxislaboratorien. Chancen der Digitalisierung für Frauen möchte Digitalisierung und Gendergerechtigkeit zusammen denken. Die Digitalisierung durchdringt zunehmend alle Bereiche der Gesellschaft. Was aber bedeutet der digitale Umbruch für die Geschlechterverhältnisse? Wie kann die digitale Zukunft mit den Menschen und für die Menschen gestaltet werden? Welche Auswirkungen hat aktuell die Corona-Krise auf die Arbeitsverhältnisse von Frauen? Diese Fragen stehen im Fokus unserer Forschungen zu den Entwicklungschancen und Karrieren von Frauen. Mit Blick auf die Arbeitswelt der Zukunft denken wir Digitalisierung und Gendergerechtigkeit konsequent zusammen.
    Bearbeitung am ISF München: Kira Marrs
  • Im Projekt ProdiKA werden am Beispiel des „produktionsnahen Homeoffice“ bei produzierenden KMU neue Möglichkeiten, aber auch Grenzen und Potenziale von ortsunabhängigem Arbeiten untersucht. Die aktuelle Situation mit Corona hat die Relevanz dieses Projekts gravierend erhöht. Unternehmen und Beschäftigte beschreiten nun Wege, die bislang als zu aufwendig oder gar abwegig galten – produktionsnahe Tätigkeiten werden zunehmend für ein cloud-vermitteltes und -unterstütztes Arbeiten zugänglich gemacht. In diesem Zusammenhang interessiert die Frage nach den technischen und arbeitsorganisatorischen Innovationen und notwendigen Kompetenzen ebenso wie die Fragen nach den Grenzen, Risiken und Nebenfolgen produktionsnahen ortsunabhängigen Arbeitens. Empirisch nachgegangen wird diesen Fragen mittels qualitativer und quantitativer Erhebungsverfahren.
    Bearbeitung am ISF München: Falk Eckert, Eckard Heidling, Michael Heinlein, Norbert Huchler. Projektförderung: BMBF und ESF
  • Ein Projekt zu Agilität in der Verwaltung wird unter anderem der Frage nachgehen, inwieweit agiles Arbeiten und agiles Projektmanagement die Organisation von Home-Office und verteiltem digitalen Arbeiten unterstützen kann. Bietet individuelle und organisationale Agilitäts-Erfahrung Vorteile in der aktuellen Situation? Wie muss Agilität gestaltet werden, um auch bei „erzwungenen“ und ausgeweiteten Flexibilisierungsanforderungen zu unterstützen? Was kann umgekehrt aus der aktuellen Situation für Agilität und Arbeit gelernt werden? Welche Implikationen deuten sich an für die Zeiten nach dem jetzigen Corona-Höhepunkt?
    Bearbeitung am ISF München: Stephanie Porschen-Hueck, Tobias Ritter, Kurt Rachlitz
  • Ein weiteres Projekt untersucht, welche Strategien Unternehmen im Umgang mit der globalen „Störung“ des Normalbetriebs durch die Coronakrise mit Blick auf Interaktionsarbeit als Arbeit an und mit Menschen entwickeln, die in diesem Zusammenhang vermehrt „unter Abwesenden“ stattfinden soll. Im Focus stehen die Herausforderungen des Homeoffice für Mitarbeiter in komplexen Arbeitszusammenhängen des Engineerings und der Softwareentwicklung, welche sich die geeignete Unterstützung des Remote-Arbeitens zum Ziel setzt. Einblicke gibt es auch in die Herausforderungen an die Berufe des Einzelhandels und des Gesundheitswesens. Es stellen sich Fragen nach dem Stellenwert arbeitsbezogener Informalität jenseits des betrieblichen Kontexts bis hin zu Möglichkeiten und Grenzen der virtuellen Kollaboration.
    Bearbeitung am ISF München: Stephanie Porschen-Hueck, Wolfgang Dunkel
PUBLIKATIONEN
  • Casas González, Beatriz; Dunkel, Wolfgang; Kratzer, Nick (2021): Das Ding können wir nur zusammen wuppen“. Arbeitsbeziehungen und Arbeitspolitik in der Corona-Krise, München
  • Richard Detje; Dieter Sauer (2021): Corona-Krise im Betrieb. Empirische Erfahrungen aus Industrie und Dienstleistungen, VSA Verlag, Hamburg
  • Thomas Lühr (2020): Corona, die Digitalisierung und wir. Artikel
  • Fritz Böhle (2020): Politik bei Ungewissheit. Anmerkungen zur Krisenbewältigung bei der Corona Pandemie. E-Paper
  • Andreas Boes (2020): Corona-Krise: Digitale Transformation in der Bewährungsprobe. Blog
  • Nick Kratzer (2020): Open Space – Besser machen. Mit einem Nachwort zu: „Das Open-Space-Büro und die Corona-Krise.“ Handlungsbroschüre des Projekts PRÄGEWELT – Präventionsorientierte Gestaltung neuer (Open-Space-)Arbeitswelten.
  • Die Zeitschrift ARBEIT (Redaktion: Frank Seiß, ISF München) hat einen Call for Papers zum Thema „Arbeiten in der Corona-Krise“ veröffentlicht. Exposés werden noch bis zum 31. Januar 2021 angenommen. Weitere Informationen …